Biotop I: Hansen

Text: Armin Püttger-Conradt

Leichter Nebel liegt über dem frühen Tag im Liether Moor. Mit den ersten warmen Strahlen der aufgehenden Sonne lichtet er sich langsam, lässt zunächst die Beine der weidenden Robustrinder sichtbar werden, bis auch die letzten Schwaden sich auflösen und der Blick auf das Biotop frei wird.

Gänzlich versteckt liegt es inmitten eines undurchdringlichen Schilfdschungels, der sich rasch nach den Arbeiten zur Anlegung dieses Kleinods gebildet hat und sich zu einem kleinen Paradies mit dicht umwachsenem See entwickelte. Blau leuchtet die Oberfläche des Wassers unter dem sonnigen Himmel. Die Weidenbäume spiegeln sich, Krautfluren bilden ein wildes Geranke. Da dringen knarrende und krächzende Stimmen aus dem Schilfhalmenwald, laut und doch gänzlich versteckt sind ihre Sänger. Ja, es handelt sich um Teichrohrsänger, die ihre schwankenden Nester ins Rohr geflochten haben und zur Brut schreiten. Dazu kommt das abwechslungsreiche Getschirpe der Sumpfrohrsänger aus den Krautdickichten.

Diese kleine Welt steckt voller Geheimnisse, denen man nur auf die Spur kommt, indem man mit Muße beobachtet, still und möglichst bewegungslos. Dann kann man Zwergtaucher beobachten, wie sie sich vom Ufer lösen und mit ihren Jungen kreuz und quer das Wasser kreuzen, dabei immer wieder auf Tauchstation gehen um wie kleine Gummibälle wieder empor zu ploppen. Ebenfalls haben Reiherenten mit ihren blauschwarzen abstehenden Federschöpfen Eier gelegt gehabt und sind nun mit ihrem Nachwuchs unterwegs. Im Gegensatz zu den häufigen Stockenten, die ebenso hier leben, handelt es sich bei ihnen um Tauchenten, die ihre Nahrung vom Grund des Sees holen.

Im Jahr 2003 entstand dieses Biotop als bis auf die Lehmschicht ausgehobener See von 1.500 Quadratmetern Fläche, umgeben von einem 355 Meter langen Knickwall, der mit 700 verschiedenen Pflanzen, Sträuchern und Bäumen, bepflanzt wurde und für Grasmücken, Laubsänger, Meisen, Drosseln, Goldammern und anderen Gefiederten einen geschützten Lebensraum bietet, der auch dem Rehwild als Unterstand dient. Bereits ein Jahr zuvor wurden Flachgewässer durch Grüppenschließung hier angelegt, unentbehrlich für Amphibien, die oft genug auf wechselfeuchte Stillgewässer angewiesen sind, um ihren Laich erfolgreich auszubringen.

Es ist erstaunlich, in welch kurzer Zeit die Natur sich dieses von Menschen geschaffene Gebiet zurückerobert hat, ganz so, wie es in der Planung stand. Gilbweiderich bildet gelbe Blütenhorste, Zaunwinden ranken zusammen mit Wicken die Stängel des Schilfs empor. Auf den Weiden hat sich Bittersüßer Nachtschatten angesiedelt, mit hübschen kleinen Blüten, die violett und gelb im Schatten des Blattwuchses ihr Auskommen finden. Froschbiss, der wie kleine Mini-Seerosen aussieht, schwimmt in Teppichen auf dem Wasser, umgeben von Teichlinsen. Wer genau hinsieht, wird vielleicht Sumpfdeckelschnecken entdecken können, die von Wasservögeln im Gefieder eingetragen wurden. Und selbst unsere größte einheimische Schlange, die Ringelnatter, hat sich eingefunden. In aller Ruhe kann sie hier dem Fang von Fröschen nachgehen, und es ist spannend, das hübsche Reptil die dicht bewachsenen Ufer entlangschwimmen zu sehen, während nur der Kopf aus dem Wasser schaut.

Überall herrscht üppiges Leben inmitten einer Vielzahl an Vogelgesängen, seien es Zilpzalpe oder Grasmücken, Meisen oder Drosseln. Die Menge an unterschiedlichsten Insekten bietet ihnen eine abwechslungsreiche Nahrung. Große Bockkäfer spreizen ihre langen Fühler im Sonnenlicht, das die Oberfläche des kleinen verwunschenen Sees mit reflektierenden silbrigen Strahlen verzaubert.

Eine Sensation war bisher das Auftauchen eines Kranichpaares zur Brutzeit. Diese äußerst scheuen Großvögel hatten diesen Ort entdeckt und als möglichen Brutplatz in Anspruch genommen. Das Fehlen jeglicher Störgeräusche von außen bot ihnen die nötige Sicherheit.

Aber gleich um den Teich herum befinden sich noch kleine Tümpel, die geheimnisvoll in der Sonnenglast vor sich hinbrüten. Libellen legen hier ihre Eier ins Wasser, während Frösche sich breit treibend auf dem moorig-schwarzen Wasser wärmen. Ein Schwarzkehlchenpaar singt währenddessen von den nahen Wiesen sein Lied.

Wie eine Insel im Grasmeer träumt der kleine wilde See völlig versteckt vor sich hin. Gerade seine schwere Erreichbarkeit macht ihn so wertvoll, frei von Störungen, isoliert von der Außenwelt, ganz naturbelassen. Und so sollte er auch bleiben, damit einheimische Tiere und Pflanzen im Liether Moor wieder einen Lebensraum vorfinden, der ihnen vor vielen Jahrzehnten genommen wurde.

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Naturkundliches Gutachten

Landschaftsanalyse und Darstellung über das Betreuungsgebiet des Liether Moor-Vereins

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Links

Verein Liether Kalkgrube e.V.
www.lietherkalkgrube.de

Verein Schutz des Tävsmoores e.V. www.taevsmoor.de

Verein für extensive Robust­rinder­haltung im Liether Moor e.V. www.robustrinder-lieth.de